Eine Trophäe, die den Kreis schließt
Angelique Kerber gewinnt in New York ihr zweites Grand-Slam-Turnier – dort, wo vor fünf Jahren ihr Aufstieg begann
Der Kreis schloss sich an einem schwülen Spätsommerabend im New Yorker Stadtteil Queens. Als die neue Tenniskönigin Angelique Kerber die US-Open-Trophäe in den Himmel stemmte, knallten auch im polnischen Puszczykowo bei Oma Maria und Opa Janusz die Sektkorken. Die rüstige Großmutter wird sich in diesem berührenden Moment sicher an einen Tag im Sommer 2011 erinnert haben, als ihre Angie völlig verzweifelt bei ihr in der Küche saß und nach acht Jahren auf der Profitour mit dem Tennisspielen aufhören wollte.
Elf Auftaktniederlagen in der ersten Saisonhälfte 2011 hatten die damals auf Platz 100 stehende Kerber die Sinnfrage stellen lassen. »Es gab damals zwei Möglichkeiten«, erinnert sie sich: »Alles hinzuschmeißen und vielleicht eine Ausbildung als Physiotherapeutin zu beginnen – oder neu anzufangen und noch mal alles zu versuchen.«
Dickkopf Kerber entschied sich nach gutem Zureden von Mutter Beata und Oma Maria für einen letzten Versuch. Doch der Durchbruch von Kerber, die nach der mittleren Reife von der Schule ging, ließ auf sich warten. Zu oft stand sich Kerber in ihrer Karriere selbst im Weg: Sie haderte, zauderte und machte ihrem Ruf als »Trotzkopf« alle Ehre: »Ich war irgendwie zerrissen.« Dabei waren die Voraussetzungen ideal gewesen. Schon als Dreijährige zog sie mit ihrer Familie von Bremen nach Kiel, wo sie über einer Tennishalle wohnte, in der Vater Slawomir Training gab.
Der märchenhafte Wandel hängt auch mit ihrem Wechsel zur »Schüttler Waske Tennis-University« nach Offenbach zusammen. Dort habe sie »geschuftet wie noch nie zuvor in meinem Leben«, sagt Kerber. Der Lohn kam postwendend. Direkt beim folgenden WTA-Turnier in Dallas/USA trotzte sie dank körperlicher Fitness den Temperaturen von 40 Grad und scheiterte als Qualifikantin erst im Halbfinale.
Nur zwei Wochen später begann mit den US Open 2011 und dem sensationellen Durchmarsch ins Halbfinale als Nummer 92 der Welt die Reise, die nun wiederum in New York mit den Zwischenstationen Australian-Open-Titel, Wimbledonfinale und Olympia-Silber einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. »Es sollte wohl so sein, dass ich mit 28 Jahren mein bestes Tennis spiele und nicht schon mit 18«, meinte die neue Weltranglistenerste. SID/nd
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