Linker Grüner Zion kündigt Parteiaustritt an

Enttäuschung über »konservative Wende«: Parteirebell wollte sich ursprünglich noch um Spitzenkandidatur 2017 bewerben

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Grünen-Politiker Robert Zion hat seinen Austritt aus der Partei angekündigt. Die Nachricht kommt ein wenig überraschend, noch im Mai hatte der Mann vom linken Flügel erklärt, ins Rennen um eine Spitzenkandidatur bei den Bundestagswahlen gehen zu wollen. Nun also die Ankündigung seines Austritts, die nicht ohne Reaktion blieb. »Kaum gibt man bekannt, dass man die Partei verlassen wird, wird einem schon aus dem Bundestag ein emotionaler Schaden unterstellt«, sagte Zion im Sozialen Netzwerk Facebook. »Auf die Idee einer sehr überlegten und rationalen Entscheidung kommen die gar nicht.« Er kündigte an, seine Entscheidung »in vier Artikeln« zu begründen. Diese behandeln demnach eine Art Generalgeschichte der Grünen in kritischer Perspektive: »das gescheiterte Elitenprojekt, die strukturelle und personelle Entwicklung; der friedenspolitische Niedergang, die bürgerlich-konservative Wende«.

Zion war unter anderem im Landesvorstand der NRW-Grünen aktiv. Wie die »Tageszeitung« schreibt, ist nicht klar, »wann er genau austreten wird«. Sven Lehmann, der Landesvorsitzende wird in dem Blatt mit den Worten zitiert, es sei »immer schade, wenn kluge Menschen die Grünen verlassen«. Dies gelte besonders für Robert Zion, so Lehmann - aber das Urteil des scheidenden Parteifreunds teilt er nicht: dass die Grünen keine soziale und emanzipatorische Kraft mehr seien. Noch im Mai hatte er erklärt, er wolle »großen Teilen der Grünen-Basis eine Stimme geben« und »sich gegen den Stillstand in Europa, der letztlich auf einen Zerfall des sozialen Zusammenhaltes, der Demokratie und der Friedensordnung hinauslaufen wird« für eine Spitzenkandidatur bewerben.

Zion war 2007 bundesweit bekannt geworden, als er auf einem Grünen-Parteitag zum entscheidenden Fürsprecher eines Neins zum Afghanistan-Einsatz ­der Bundeswehr wurde. Später versuchte er, linkslibertäre Debatten innerhalb der Grünen in Gang zu setzen und plädierte für eine Rückbesinnung der Partei als linke Kraft. Damit stieß er aber offenbar nicht auf offene Ohren. Mehr als einmal beklagte er die »konservative Wende« der Grünen. Er gründete das rot-rot-grüne Crossover-Projekt Institut Solidarische Moderne mit und verfolgte die Kandidatur des Sozialisten Bernie Sanders in den USA mit großer Sympathie. Zuletzt engagierte sich Zion vor allem für eine linke europäische Idee. Der »Spiegel« schrieb zu seiner Autrittsankündigung: »Vielleicht hat er einfach erkannt, dass bei den Grünen für Freaks wie ihn kein Platz mehr ist.«

Zion selbst nahm solche Äußerungen stets mit einem gewissen Humor. Den hat er sich auch und trotz seiner Austrittsentscheidung bewahrt. »Ich trete in die NASA ein«, sagte er dieser Tage auf Facebook. »Es braucht wohl die Gewöhnung an eine Perspektive aus dem Weltraum, um noch Botschaften aus Gründungszeiten der Grünen senden zu können.«

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