Brauner Fleck auf weißer Sachsenweste?

Forscher über Sachsens Umgang mit Rechten

  • Lesedauer: 2 Min.

Chemnitz. Der Chemnitzer Extremismusforscher Tom Thieme sieht Anzeichen für einen Wandel im Umgang mit Rechtsextremismus in Sachsen - hin zu klaren Worten. »Verschweigen und Runterspielen war lange Zeit die Linie der Landesregierungen. Nicht aus Sympathie und Nähe zu Rechtsaußenpositionen, sondern aus Sorge um den Imageschaden des vermeintlichen Vorzeigelandes«, sagte der Politikwissenschaftler von der Technischen Universität Chemnitz. Man habe »bloß keine braunen Flecken auf der weißen Sachsenweste« haben wollen.

Mittlerweile habe sich das Bild gewandelt. Der Nationalsozialistische Untergrund, die Aufmärsche von Neonazis am 13. Februar in Dresden, aber auch die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung hätten das Land gezwungen, Stellung zu beziehen. Für den Wissenschaftler ist es allerdings kein Zeichen von Zivilcourage, von Dresden aus öffentlich gegen Rechtsextremismus zu sein. »Zivilcourage ist für mich politische und soziale Arbeit an Brennpunkten, vor allem auf dem Land mit teilweise fest verankerten rechtsextremen Strukturen«, sagte Thieme.

Nach Ansicht von Thieme entstand der politische Nährboden nicht von ungefähr: »Sachsen, speziell die CDU hat in den vergangenen 25 Jahren mehr als andere Bundesländer auf eine besondere Form der regionalen politischen Kultur gesetzt, nämlich die sächsische Identität.« Diese sei eine Mischung aus traditionell-historischem Landesbewusstsein und der neuen Rolle als ostdeutsches Musterland während und nach der Wende mit ihrer Systemtransformation. Dazu zähle neben typisch Sächsischem wie Sprache, kulturellem Reichtum und technologischer Errungenschaften auch eine gewisse Weltoffenheit. »Zu all dem passen aber nicht die Umtriebe rechtsextremistischer Phänomene, seien es Gewalttäter oder seien es Parteien wie die NPD«, sagte Thieme. Deshalb habe die Union das Problem mehr oder weniger verdrängt. Nicht anders könne man die Behauptung des früheren Regierungschefs Kurt Biedenkopf (CDU) deuten, wonach die Sachsen immun gegen Rechtsextremismus seien. dpa/nd

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