Chinas Militär zum Jubiläum im Territorialstreit
Volksbefreiungsarmee begeht 89. Gründungstag / Modernisierung und stärkere Kontrolle durch die KP
Geografische Entfernungen werden in Asien oft in anderer Dimension wahrgenommen als in Europa. Wo mehr als 1000 Kilometer Entfernung keine große Rolle spielen, rückt manches dann aber doch eng zusammen.
Auf Chinas tropischer Ferieninsel Hainan im Südchinesischen Meer sind derzeit Hunderttausende Urlauber - und das nur 300 bis 600 Kilometer entfernt von einer der heftig umstrittenen Inselgruppen im Südchinesischen Meer, den Xisha (Paracel)-Inseln. Diese und die weit südlicher gelegenen Nansha (Spratly)-Inseln beansprucht China als seit Jahrhunderten verbürgt eigene Gebiete.
Fakten werden derzeit geschaffen durch den Ausbau von Atollen zu Ankerplätzen, Flugzeuglandebahnen, Militärstützpunkten. Im gesamten Gebiet werden unter Wasser riesige Rohstoffvorkommen vermutet. Der Fischreichtum ist immens und über die dort verlaufenden Schiffsrouten werden etwa 80 Prozent aller Handelswaren einschließlich der Ölimporte Chinas transportiert.
Der Armee kommt nun die Aufgabe zu, Teile dieses riesigen Territoriums zugunsten Chinas zu sichern. Vor allem mit den in Ost- und Südostasien bislang militärisch dominierenden USA gerät China dabei stets aneinander. Politisch wie militärisch wichtig war für Peking deshalb, dass im Abschlussdokument des Außenministertreffens der ASEAN-Staaten im laotischen Vientiane dieser Tage der Territorialstreit nicht hervorgehoben wurde. Es hieß stattdessen, dass die ASEAN »ernsthaft besorgt« sei über »Landaneignung und Eskalation der Aktivitäten« in der Region. Die Modernisierung der VBA mit ihren 2,3 Millionen aktiven Soldaten wird forciert vorangetrieben. So wurde zum 1. Februar 2016 die Neustrukturierung der VBA offiziell abgeschlossen. Dies geschah mit der Maßgabe, eine strengere Führung und Kontrolle der nunmehr fünf Armeebereiche durch das ZK der KP Chinas und deren Militärkommission durchzusetzen. KP-Generalsekretär Xi Jinping sprach von einem »Durchbruch« und »entscheidenden Schritt« hin zu einem stärkeren Militär.
Wie überfällig tatsächlich vieles war, zeigte vor wenigen Tagen eine Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen Bestechlichkeit. Betroffen war General Guo Boxiong, bis 2012 Politbüro-Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der Militärkommission beim ZK der KP Chinas.
Staatschef Xi Jinping gelang damit ein Durchbruch. Er konnte gegen die jahrzehntelange Rolle der Armee als eine Art »Staat im Staate«, auch bei der Organisierung eigener Privilegien durch Militärführer verschiedener Ebenen, vorgehen. Ebenfalls steht nun an, die VBA um 300 000 Soldaten zu verkleinern, ihre technische Qualität aber spürbar zu erhöhen.
Symbolisch dafür ist, dass im September 2015 der Weltraumstart des ersten Testsatelliten für Kommunikationstechnologie gelang und auf der Insel Hainan Ende Juni 2016 der vierte Weltraumbahnhof Chinas mit dem Start der neuen Trägerrakete »Langer Marsch 7« eingeweiht wurde. 2018 beginnt der Bau der ersten Raumstation, die 2022 fertiggestellt sein soll. China will deutlich machen, dass es auf wirtschaftliche Stärke und militärische Präsenz mit dem Ziel setzt, politische Verhandlungslösungen zu erreichen. Vor dem G20-Gipfel im chinesischen Hangzhou Anfang September 2016 umreißt Peking damit seine zukünftige grundsätzliche Handlungsrichtung.
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