Mit Knabe gegen die »Extremisten«
Bund und Länder beraten über Präventionsprogramme
Die Bundesregierung will verstärkt gegen »Extremismus« vorgehen. Nachdem das Kabinett am vergangenen Mittwoch eine Strategie beschlossen hatte, nach der Neonazis, Linke und Islamisten als »gefährliche Extremisten« in einen Topf geworfen wurden, haben die zuständigen Minister und Senatoren von Bund und Ländern nun nach einem Treffen in Berlin erklärt, bei Projekten der Demokratieförderung und zur Prävention enger zusammenarbeiten zu wollen. Sowohl Innen- als auch Familienminister sind an der Strategie beteiligt. Nach Angaben von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) arbeitet die Bundesregierung mit fast 700 zivilgesellschaftlichen Partnern zusammen. Diese Arbeit soll nun ausgebaut werden. Zudem will Schwesig mit Unterstützung der Länder noch in dieser Legislatur bestehende Strukturen durch eine gesetzliche Grundlage absichern.
Seit 2015 unterstützt das Familienministerium mit dem Bundesprogramm »Demokratie leben!« Initiativen und Vereine, die sich »für Demokratie einsetzen«. Die Mittel dafür werden nun erhöht: 2016 stehen 50 Millionen Euro zur Verfügung. 2017 sind es 74 Millionen Euro. Die Orte, wo eindringlich vor den »Extremismen« gewarnt werden soll, sind unter anderem Moscheegemeinden, Gefängnisse und Schulen. Dabei setzt die Bundesregierung auf politische Bildung und pädagogische Arbeit.
Ein auf der Internetseite des Familienministeriums veröffentlichter Imagefilm lässt allerdings vermuten, dass einige Projekte nicht sonderlich zur Aufklärung über die Feinde der Demokratie beitragen werden. In dem Film nennt Schwesig »Rechtsextremismus« und »linke Militanz« in einem Atemzug. »Ich lehne jede Form von Gewalt ab und damit auch jede Form von Extremismus«, bekräftigt die Ministerin. Für Differenzierungen, wie sie beispielsweise von einigen Nichtregierungsorganisationen vorgenommen werden, ist hier offensichtlich kein Platz. Dabei wären diese notwendig. So hat die in Berlin ansässige Amadeu Antonio Stiftung seit 1990 mehr als 180 Todesopfer rechter Gewalt in der Bundesrepublik gezählt. Linke Morde sind hingegen in diesem Zeitraum nicht bekannt. Dass »linke Gewalt« überhaupt in den Statistiken des Bundeskriminalamtes auftaucht, liegt vor allem an Auseinandersetzungen bei Demonstrationen, an denen auch Rechte oder die Polizei beteiligt sind.
Hubertus Knabe sieht das schon von Berufs wegen anders. Auch der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen kommt in dem Film des Familienministeriums zu Wort. »Ziel des Projekts ist es, sich auch mit aktuellen Formen des Linksextremismus oder Linksradikalismus oder der linken Militanz auseinanderzusetzen«, so Knabe. Er mutmaßt, dass es ein gemeinsames Merkmal aller »linksextremistischen Bewegungen« sei, dass Gewalt erlaubt sei, weil es »für die gute Sache« getan werde. Dass Knabe mit seinen Einschätzungen oft über das Ziel hinausschießt, wurde erst vor wenigen Tagen deutlich. Die Konflikte um das linke Hausprojekt in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain hatte Knabe zum Anlass genommen, über den Kurznachrichtendienst Twitter eine Meldung weiterzuverbreiten, wonach der Verfassungsschutz vor Mordanschlägen durch »Linksextremisten« warne. Dies hatte Knabe in einem großen Boulevardblatt gelesen, das eher für Panikmache bekannt ist als für seriösen Journalismus. Einen kritischen Umgang mit Quellen hätte der promovierte Historiker eigentlich schon in seinem Grundstudium lernen müssen.
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