Ein »Flexnetz« gegen Beifang in der Ostsee
Neue Technologie soll Küstenfischern helfen
Rostock. Die Neuentwicklung eines Netzes könnte die Sorgen der Ostsee-Fischer ein wenig verringern. »Mit dem sogenannten Flexnetz ist es möglich, Beifänge schon unter Wasser zu verhindern«, sagt der Chef des Rostocker Thünen-Instituts für Ostseefischerei, Christopher Zimmermann. Der Trick: Durch Öffnungen können jeweils die Tiere entweichen, auf die es die Fischer gerade nicht abgesehen haben. Der Hintergrund sei das sogenannte Anlandegebot: Es dürfen keine gefangenen Fische mehr über Bord geworfen werden, auch wenn die Fischer eigentlich ganz andere fangen wollten. Alles, was in den Netzen zappelt, muss an Land - und wird auf die Fangquote angerechnet.
Ist der Fischer also etwa auf Dorsch aus, werde eine Stelle auf der Netzunterseite geöffnet. Dann können Schollen unversehrt entweichen. Denn diese Plattfische orientierten sich zum Boden hin, sagt Zimmermann. Dorsche dagegen versuchen den Angaben zufolge immer Abstand zum Netz zu halten, bleiben der Fluchtöffnung fern und werden somit im hinteren Netzteil gefangen.
Soll sich der Fang dagegen auf Plattfisch konzentrieren, kehrt man den Aufbau einfach um: Diese Tiere werden unten gefangen - und die Dorsche können dann oben entkommen. Mit Videoaufnahmen habe gezeigt werden können, dass die Technik funktioniere. Das System sei zudem vergleichsweise billig, sagt zumindest Zimmermann.
»Wenn die Fischer Erfolg sehen, werden sie kein Problem haben, diese Netze einzusetzen«, ist der Chef der Kutter- und Küstenfischer MV, Günther Grothe, überzeugt. Allerdings gebe es bei den deutschen Ostseefischern nur noch etwa 20 Schiffe, die von ihrer Größe infrage kämen, solche Netze zu benutzen. Grothe begrüßte jedoch, dass es bei der Netztechnik überhaupt neue Entwicklungen gebe; in den vergangenen 20 Jahren habe dort Stagnation geherrscht.
Es gibt für Zimmermann ein weiteres Argument: »Der 2015er-Dorschjahrgang in der westlichen Ostsee ist der schwächste, der je festgestellt wurde.« Die Quoten sollen 2017 drastisch sinken. »Gleichzeitig wissen wir, dass die Schollenquote fast verdoppelt werden kann.« So werden die Fischer beim Schollenfang großes Interesse haben, Dorsche in den Netzen zu vermeiden. Denn sie könnten ihre Schollenquote nur ausfischen, wenn sie die Dorschbeifänge verhindern. Sonst laufen sie Gefahr, dass die Dorschquote ausgeschöpft und noch viel Schollenquote übrig ist.
Selektive Netze werden beim Dorschfang schon länger eingesetzt. Derzeit aber nur, um junge Tiere durch die Maschen schlüpfen zu lassen. Die Rostocker Forscher arbeiten nun an Netzen, damit auch sehr große Dorsche entkommen können: Sie sollen durch Gitter nach außen geführt werden. Diese mehr als 80 Zentimeter großen Tiere seien in der Regel schlechter vermarktbar, weil Verbraucher Filets von mittelgroßen Dorschen bevorzugen, hieß es. Gleichzeitig tragen die wenig begehrten Großdorsche sehr viel mehr zur Fortpflanzung und damit zum Erhalt der Art bei als die mittelgroßen Fische. dpa/nd
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