Unter den Augen Ho Chi Minhs
Olaf Standke über die US-amerikanisch-vietnamesischen Beziehungen
Der Rote Teppich war am Präsidentenpalast in Hanoi ausgerollt, nur wenige Meter entfernt vom Mausoleum Ho Chi Minhs. Mehr Symbolik geht kaum. Nicht, dass Barack Obama der erste US-Präsident nach der bestialischen Kriegsführung und schmachvollen Niederlage der Supermacht vor über vier Jahrzehnten in Vietnam wäre. Bill Clinton hat schon 1995 das diplomatische Eis gebrochen; die USA sind heute wichtigster Exportmarkt Vietnams, das zur US-dominierten transpazifischen Freihandelszone gehört. Doch Obama beseitigt nun die »schwelenden Überrestes des Kalten Krieges« und leitet mit der kompletten Aufhebung des Waffenembargos eine neue Phase in den bilateralen Beziehungen ein, die Auswirkungen auf die ganze Region haben könnte. Beide Seiten wollen die überfällige vollständige Normalisierung ihres Verhältnisses - und haben zugleich China im Blick, dessen Einfluss in Asien ökonomisch und militärisch enorm gewachsen ist. Was nicht nur in Washington mit Sorge gesehen wird. Zwischen Hanoi und Peking gibt es sogar territorialen Streit im Südchinesischen Meer. Der Obama-Regierung war die Anbahnung einer strategischen Allianz mit dem einstigen Erzfeind offensichtlich so wichtig, dass man selbst die Kritik in Kauf nimmt, damit auch das letzte Druckmittel aus der Hand zu geben, um die Menschenrechtslage in Vietnam zu verbessern.
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