Einer muss
Der Dings aus Hamburg, unser Charly oder Müller-Meier-Schmidt: Andreas Koristka berät die SPD in der K-Frage
Es ist noch gar nicht so lange her, da haben sich die Leute um den Posten des SPD-Kanzlerkandidaten regelrecht gestritten. Heute ducken sich die Genossen beim Thema Bundestagswahl weg, als müsste jemand bestimmt werden, der nach dem Parteitag unter Sigmar Gabriels Sitzplatz die angeknabberten Schweineknochen wegräumen muss. Dabei ist die SPD immer noch eine Spitzenpartei. Sie muss es nur wieder zeigen!
Dazu sollte sie sich darauf besinnen, was sie einst groß und stark gemacht hat. Die Sozialdemokratie muss wie in den Zeiten von Schmidt und Schröder wieder auf die extreme Mitte zugehen - auf die radikalen Gesichtslosen ganz im Zentrum unserer Gesellschaft, auf die seelenlosen Zombies, die sich mit ihren toten Augen bei Vollmond von Bausparverträgen ernähren. Mit genau denen lassen sich in Deutschland nämlich Wahlen gewinnen.
Die SPD muss die Partei der Leute werden, für die selbst Angela Merkel zu schillernd und meinungsstark daherkommt. Sie muss dort wildern, wo man sich politische Grundüberzeugungen nicht leisten kann, weil man schon das Auto abbezahlen muss und die Teppichflusen in eine Richtung kämmt. Dort, wo man sich Wandtattoos stechen lässt, im Sitzen pinkelt und Konsens nicht nur ein Wort ist, sondern gleichmäßiger Buchsbaumbewuchs in jedem Vorgarten. Die Sozialdemokratie muss endlich von den Bewohnern des Landes profitieren, in dem die Ficus-Pflanzen in den Wohnzimmern wachsen!
Dafür wäre ein Olaf Dings aus Hamburg eigentlich genau der richtige Mann gewesen. Schade, dass er keine Lust auf Kanzlerkandidatur hat, weil er gerade beschäftigt ist. So eine Hansestadt regiert sich nämlich nicht von alleine. Also, eigentlich tut sie das schon, weshalb Dings auch noch nebenbei in Berlin regieren, den Nahostkonflikt lösen und ein Fischbrötchen essen könnte. Aber der Hamburger OB möchte natürlich nicht zu offensiv auftreten. Allzu schnell sieht man wie jemand aus, der für politische Überzeugungen einsteht.
Doch die SPD hat noch weitere aussichtsreiche Kandidaten. Die Nahles zum Beispiel kann so schön singen. Oder Frank-Walter Steinmeier, an den man immer denken sollte, wenn man unter Schlafstörungen leidet. Oder wie wäre es mit einem spannenden Außenseiterkandidaten? Der Berliner Bürgermeister Müller-Meier-Schmidt oder wie er heißt, wäre sicherlich eine gute Wahl. Der hat die Büroklammern mit der Muttermilch aufgesogen! Außerdem hat er ein verlässliches Gesicht, das einem vermittelt, dass sein Träger dazu in der Lage ist, wirklich alles abzuheften.
Man sieht also, noch ist die SPD nicht tot. Sie liegt zwar im Wachkoma und alle Gliedmaßen sind amputiert, aber der Rumpf hat nur Diabetes Typ 2. Man darf also weiter hoffen. Vielleicht ja sogar auf Sigmar Gabriel. Momentan sieht es zwar aus, als wollte er sich drücken, aber vielleicht feiert er ein Comeback wie einstmals Muhammed Ali oder Axel Schulz. Zu wünschen wäre es ihm und seinen Genossen!
Möglich wäre natürlich auch, dass jemand von außen die Partei übernimmt. Externe Lösungen sind heutzutage schließlich sehr beliebt im politischen Geschäft. Es müsste allerdings jemand sein, der noch nie auch nur einen Funken Unmut auf sich gezogen hat und bei Alt und Jung beliebt ist. Was macht eigentlich Charly aus »Unser Charly« heute?
Möglich wäre auch, dass verschiedene unbekannte Kandidaten in einer Castingshow gegeneinander antreten. Danach gibt es ein Publikumsvoting. - Dann bange Gesichter, die Lichter werden gedimmt. Spot auf die letzten beiden verbliebenen Kandidaten. Barbara Schöneberger macht es spannend: »Der nächste SPD-Kanzlerkandidat oder die nächste SPD Kanzlerkandidatin wird« … kleine Spannungspause … »Annalena-Jamie aus Braunschweig«. Erst tobender Applaus, schließlich wird »Wann wir schreiten Seit’ an Seit’« angestimmt. Der folgende Wahlkampf wäre eine echte Herausforderung für die CDU.
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