Deutsche Bahn koppelt Fährhafen Sassnitz ab
Güterumschlag im Fährhafen von Mukran seit Jahren rückläufig
Die Deutsche Bahn zieht Konsequenzen aus dem rückläufigen Bahnverkehr im Fährhafen Sassnitz (Mecklenburg-Vorpommern) und will sich vom Normalspurnetz trennen. Wie ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte, ist die Nutzung der Schieneninfrastruktur aufgrund diverser Veränderungen der vergangenen Jahre stark zurückgegangen. Als Grund für den Einbruch nannte die Bahn die Verlegung der Güterverkehre der Reederei Stena Line nach Rostock und den weiterhin sehr geringen Fährverkehr über Breitspur zwischen Russland und Deutschland.
Konkret sucht die Deutsche Bahn einen neuen Betreiber für das Normalspurnetz mit 130 Hektar Land und 48 Kilometern Gleisen im Osten der Insel Rügen. Vor fünf Jahren hatte sie sich bereits vom dortigen Breitspurnetz getrennt. Das übernahm der Fährhafen. 2013 gingen die entsprechenden Anlagen und Grundstücke an den Hafen über. Der nun angestrebte Verkauf der Normalspurinfrastruktur von DB Netz an den Fährhafen kommt für das Schweriner Verkehrsministerium »nicht überraschend«. Unstrittig sei, dass die zu DDR-Zeiten aus politischen Gründen errichteten Bahnanlagen für heutige Verhältnisse überdimensioniert seien und in dem Umfang nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten, sagte ein Sprecher.
Entgegen dem Landestrend ist der Umschlag im Fährhafen Sassnitz, der inzwischen unter dem Namen »Mukran Port« firmiert, seit Jahren rückläufig. Längst versucht sich der Hafen, der vor 30 Jahren mit seinen 27 Kilometer langen russischen Breitspurgleisen als logistischer Brückenkopf in die Sowjetunion eröffnet wurde, als Wirtschaftsstandort an der Kaikante und als Basis für Offshore-Windparks zu profilieren, um damit Umschlagseinbrüche zu kompensieren.
Nach Angaben des Fährhafens wurden 2005 noch Güter von rund 70 000 Eisenbahnwaggons umgeschlagen. Im vergangenen Jahr waren es noch 1500 Waggons. Auch der Gesamtumschlag im Hafen ist stark rückläufig - von rund fünf Millionen Tonnen Güter im Jahr 2005 auf knapp 1,6 Millionen Tonnen in 2015. Als Grund dafür gilt die weiterhin schwierige Anbindung an das Festland über die Straße - trotz des Neubaus der dreispurigen Bundesstraße 96n auf der Insel Rügen. Der Hafen im polnischen Świnoujście macht Sassnitz zunehmend Konkurrenz.
Eine intensivere Nutzung der heutigen Schieneninfrastruktur ist für die DB Netz AG in absehbarer Zeit nicht erkennbar, teilte nun die Deutsche Bahn der dpa mit. Zwischen Fährhafen - eine Gesellschaft der Stadt Sassnitz (90 Prozent) und des Landes (zehn Prozent) - und der Deutschen Bahn laufen bereits Gespräche zur Übernahme. Der Verkauf des Normalspurbahnhofes und die Übergabe der Betriebsführung könnten nach Angaben der Deutschen Bahn 2016/2017 erfolgen.
Der Fährhafen Sassnitz-Mukran inklusive Bahnhof wurde 1986 in Betrieb genommen, um vor allem den Transit über das politisch unsichere Polen zu umgehen. Nach Inbetriebnahme der Eisenbahnfährverbindung pendelten zwischen 1986 und 1989 insgesamt fünf Fährschiffe mit einer Kapazität von je 103 Breitspureisenbahnwaggons zwischen Klaipeda und Mukran.
Nach Angaben des Fährhafens sind durch Wirtschaftsansiedlungen auf dem Gelände inzwischen rund 600 Arbeitsplätze entstanden. Für die Windparks »Wikinger« und »Arkona« vor Rügen rechnet der Hafen mit jeweils 100 bis 150 Arbeitsplätzen. Die von der Bahn übernommenen Flächen sollen teilweise als Industriegebiet für weitere Ansiedlungen hergerichtet werden. dpa/nd
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