Reformen um jeden Preis

Französisches Parlament debattiert Arbeitsrechtsgesetz / Hollande plant Vertrauensfrage

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Frankreich steht eine lange Diskussion um eine geplante Arbeitsrechtsreform bevor. Demonstranten und linke Parlamentarier stellen sich gegen die Pläne der Regierung von Präsident Hollande.

Die Debatte über das Gesetz zur Arbeitsrechtsreform der Regierung hat in dieser Woche in der Nationalversammlung begonnen. Die vorliegenden 5000 Änderungsanträge von Abgeordneten sowie die ersten Reden und Wortwechsel zeigen, dass die Meinungsverschiedenheiten tiefgreifend sind und die Auseinandersetzungen lange dauern können.

In den vergangenen Wochen hat das Gesetz und die damit verbundene Absicht der Regierung, den Unternehmern entgegenzukommen und ihnen eine größere Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zu sichern, weitgehend die Diskussionen in der Öffentlichkeit bestimmt. Wegen der zahlreichen Einwände seitens der Gewerkschaften und unter dem Druck von Demonstrationen von Studenten und Schülern, die um ihre Zukunft besorgt sind, hat die Regierung bereits einige Abstriche vorgenommen.

Darauf hat der Unternehmerverband Medef mit einem Ultimatum reagiert. Er droht, die Verhandlungen der Sozialpartner über die Sanierung der defizitären Arbeitslosenversicherung zu verlassen, wenn die Regierung nicht den ursprünglichen Text des Gesetzes wiederherstellt.

Auf der anderen Seite sind diejenigen, die eine komplette Rücknahme des Gesetzes fordern, weniger geworden. Selbst eine kämpferisch eingestellte Gewerkschaft wie Force ouvrière räumt ein, dass das Gesetz eine Reihe von Neuerungen enthält, die der wirtschaftlichen Stabilisierung mittlerer und kleiner Unternehmen dienen und damit der Sicherung bestehender und der Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Doch in einigen Punkten fordert auch sie Änderungen und Nachbesserungen. Kritisch sehen die meisten Gewerkschaften den Passus im Gesetz, der auf Betriebsebene ausgehandelten Vereinbarungen Priorität gegenüber den Branchenverträgen zwischen Gewerkschaften und Unternehmerverbänden einräumen soll. Die Gewerkschaften argumentieren, dass die Belegschaften so leichter mit dem Verlust von Arbeitsplätzen erpresst werden können.

Auch dass für Entlassungen künftig ausreichen soll, dass über eine nach Unternehmensgröße gestaffelte Zahl von Monaten weniger Aufträge oder ein rückläufiges Ergebnis verzeichnet werden, wollen die Gewerkschaften nicht hinnehmen. Sie haben sich auch die Forderung von Studenten- und Schülerorganisationen zu eigen gemacht, die Dauer von Betriebspraktika künftig für die »Aktivitätsbilanz« der Beschäftigten und damit später für die Rente anzurechnen. Auf eine weitere Forderung der Gewerkschaften ist die Regierung bereits eingegangen und hat im Parlament einen entsprechenden Änderungsantrag zum eigenen Gesetzentwurf eingebracht.

Dabei geht es darum, dem Missbrauch befristeter Beschäftigung einen Riegel vorzuschieben, indem solche Arbeitsverträge mit einer speziellen Steuer belegt werden. Seit Jahren sind mehr als 85 Prozent der neuen Arbeitsverträge im Land zeitlich begrenzt.

Für die Annahme des Gesetzes in erster Lesung in der Nationalversammlung würde rein rechnerisch die Mehrheit ausreichen, über die die Sozialisten und die mit ihr verbündete Partei der Linken Radikalen verfügen. Dagegen ist bereits jetzt klar, dass die rechtsbürgerliche Oppositionspartei der Republikaner, aber auch die Grünen-Partei und die Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken dagegen stimmen werden.

Doch da auch rund 40 sozialistische Parlamentarier vom linken Flügel der Partei dem Gesetz mehr oder weniger ablehnend gegenüberstehen und ihr Votum noch nicht absehbar ist, kann sich die Regierung ihrer Sache nicht sicher sein. Präsident François Hollande will daher notfalls die Abstimmung nach Artikel 49.3 der Verfassung mit der Vertrauensfrage verbinden. So kann er zwar die Abweichler aus den eigenen Reihen disziplinieren, doch für sich und seine Politik wäre das ein eklatantes Armutszeugnis.

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