Feiertage nicht mehr herschenken
Berlin. Wenn ein Feiertag auf einen Sonntag fällt, sollten Arbeitnehmer ihn künftig nachholen dürfen - dafür haben Politiker von Linken und Grünen am Wochenende geworben. In anderen europäischen Ländern ist das üblich. Doch in Deutschland stieß der Vorschlag umgehend auf Widerstand.
Ausgerechnet der Tag der Arbeit am 1. Mai fällt dieses Jahr auf einen Sonntag. Die Arbeitnehmer haben deshalb einen Feiertag weniger. »Es kann nicht sein, dass den Arbeitgebern regelmäßig zusätzliche Arbeitstage geschenkt werden, die eigentlich als bezahlte Feiertage den Beschäftigten zustehen«, sagte Sabine Zimmermann von der Linken der »Saarbrücker Zeitung« vom Samstag.
Vor allem das Nachholen des 1. Mai als freiem Tag sei wünschenswert, sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke, der »Saarbrücker Zeitung«. Ihre Begründung: »Das hätte Charme. Dann haben Beschäftigte zum einen Zeit für die Kundgebung am Sonntag und können am freien Montag ihre Zeit der Familie widmen.«
In der SPD ist das Meinungsbild nicht so eindeutig. Die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast sagte der Zeitung: »Das wäre natürlich ein Zeichen zur Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.« Eine Sprecherin des von ihrer Parteifreundin Andrea Nahles geführten Bundesarbeitsministeriums erklärte auf Anfrage: »Uns sind dazu keine Pläne bekannt.« Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Sven Kohlmeier, reagierte im Kurznachrichtendienst Twitter ironisch: »Feiertage nachholen am nächsten Werktag? Ich will auch Sonntage nachholen, und Samstage und Geburtstage! dümmergehtimmer«.
Auch die Arbeitgeber quittierten den Vorschlag mit wenig Enthusiasmus. »Bei der Gesamtzahl der arbeitsfreien Tage durch Urlaub und Feiertage belegt Deutschland ohnehin einen Spitzenplatz im internationalen Vergleich«, sagte ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes BDA. Falle ein Feiertag zufällig auf einen Sonntag, hätten alle interessierten Beschäftigten die Möglichkeit den jeweiligen Anlass würdig zu begehen. Für eine Verschiebung auf einen Werktag gebe es daher keinen Grund.
Noch etwas drastischer drückte es der stellvertretende Vorsitzende der Union-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, aus. Er sagte: »Ich halte das für Blödsinn.« Die Deutschen hätten so viele Feiertage. »Wenn dann mal einer auf das Wochenende fällt, ist das bei durchschnittlich 30 Urlaubstagen im Jahr sicherlich zu verkraften.« Der hessische Landtagsabgeordnete Hartmut Honka (CDU) konstatiert angesichts der Debatte bei Twitter: »Unsere Gesellschaft hat wohl keine echten Probleme mehr.«
In vielen Ländern - darunter auch Belgien, Spanien und Großbritannien - werden Feiertage, die an einem Wochenende liegen, am darauffolgenden Werktag nachgeholt. In Deutschland fallen dieses Jahr zwei kalendarisch fest gebundene Feiertage auf ein Wochenende: der 1. Mai und der 25. Dezember. AFP/nd
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.