Warnstreiks ab Wochenanfang

Gewerkschaften rufen zu ersten Aktionen in der Tarifrunde 2016 für den öffentlichen Dienst auf

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die erste Verhandlungsrunde für die über zwei Millionen Beschäftigten verlief ergebnislos, nun machen die Gewerkschaften Druck. Ab Montag kann es erste Warnstreiks im öffentlichen Dienst geben.

Die Zeichen stehen auf Arbeitskampf. Nach der ergebnislosen ersten und unmittelbar vor der zweiten Verhandlungsrunde für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen, kündigen die Gewerkschaften Aktionen an. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Klaus Dauderstädt, kündigte am Donnerstag in einem Interview mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung« Warnstreiks an; vor allem im kommunalen Bereich noch vor der nächsten Verhandlungsrunde am 11. April in Potsdam. Arbeitsniederlegungen könne es in kommunalen Verwaltungen geben, »etwa bei Zulassungsstellen, Kitas oder Ordnungsämtern sowie bei Verkehrsbetrieben wie Straßenbahnen und Bussen«, sagte Dauderstädt der Zeitung.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Erziehungsgewerkschaft GEW schließen Arbeitskampfmaßnahmen nicht aus. Ein GEW-Sprecher sagte gegenüber »nd«, in der nächsten Woche sei mit »der kompletten Palette kleinerer betrieblicher Aktionen« - wie etwa Betriebsversammlungen oder aktiven Mittagspausen - »bis hin zu ersten Warnstreiks« zu rechnen. Ähnlich klang das aus der Dienstleistungsgewerkschaft: Erste Aktionen wird es dem Vernehmen nach ab der kommenden Woche geben. Vor der dritten Verhandlungsrunde am 28. und 29. April könnten nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen größere Warnstreiks stattfinden. Der dbb wurde konkreter. Für den 6. April sind »alle Beschäftigten von Bund und Kommunen in Bremerhaven zu einem Warnstreik« aufgerufen. Der gleiche Aufruf erging für den 6. April für Erfurt und Fulda und für den 7. April für Flensburg und Salzgitter.

Das goutiert die Arbeitgeberseite nicht. Während die Pressestelle des Innenministeriums auf Anfrage nichts Neues zu berichten hatte, sagte eine VKA-Sprecherin gegenüber »nd«: »Es ist nicht konstruktiv, bei zwei vereinbarten Verhandlungsterminen jetzt zu Warnstreiks aufzurufen.«

In der Tarifrunde geht es unter anderem um die Löhne und Gehälter von über zwei Millionen Beschäftigten. Die Gewerkschaften fordern angesichts hoher Steuereinnahmen sechs Prozent mehr Geld, was der Bund und die Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) scharf zurückgewiesen hatten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte von einer »unangemessenen und überzogenen« Forderung gesprochen.

Überdies strebt die Arbeitgeberseite eine Neuordnung der betrieblichen Altersvorsorge an, was auf den Protest der Gewerkschaften stößt. Beim ersten Termin hatte VKA-Chef Böhle die Forderung nach Leistungseinbußen für Beschäftigte im Ruhestand bekräftigt.

Die erste Verhandlungsrunde am 21. März in Potsdam war ansonsten ergebnislos verlaufen. Die Gewerkschaften hatten noch einmal ihre Forderungen erläutert. Neben der Entgeltforderung bei einer Laufzeit von zwölf Monaten wollen sie 100 Euro mehr im Monat und 30 Urlaubstage für Auszubildende sowie den Ausschluss sachgrundloser Befristungen. Der Abschluss soll dann auf BeamtInnen übertragen werden. In den Kommunen sind nach dbb-Angaben noch rund 15 Prozent der Beschäftigten verbeamtet. »Die Beteiligten haben insgesamt großes Interesse an einem schnellen Abschluss«, sagte Dauderstädt weiter. Dazu gehöre aber »ein ordentliches Angebot« von VKA und Bund. Doch das lässt auf sich warten oder ist in der ersten Auflage so niedrig, dass die Gewerkschaften zu breiten Warnstreiks aufrufen. So war der Ablauf in zurückliegenden Tarifrunden.

»Ausdrückliche Unterstützung« aus der Politik bekommen die Gewerkschaften unterdessen von der LINKEN. Parteichef Bernd Riexinger sagte am Donnerstag in Berlin, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes hätten »bei der Bewältigung der gestiegenen Flüchtlingszahlen viel geleistet und außerordentlichen Einsatz gezeigt«. Dass die Behörden dabei »immer wieder an den Rand ihrer Leitungsfähigkeit gekommen sind und teilweise versagt haben, zeigt, welche Folgen das jahrzehntelange personelle und finanzielle ausbluten des öffentlichen Dienstes hat«, so Riexinger weiter.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -