Der Schwanz bleibt dran

Projekt will Schweinen ihre Ringel lassen

  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Jahrzehnten wird Ferkeln in Deutschland routinemäßig der Ringelschwanz abgeschnitten. Thüringer Bauern erproben nun neue Wege, wie auf diese umstrittene Praxis künftig verzichtet werden kann.

Jena. Für die meisten Schweinezüchter ist es Routine: Im Alter von wenigen Tagen wird bei den Ferkeln ein Stück ihres Ringelschwanzes abgeschnitten. Das soll verhindern, dass sich die Schweine später gegenseitig die Schwänze abbeißen - mit entsprechenden Verletzungen und Kannibalismus. Doch die Praxis steht aus Gründen des Tierschutzes in der Kritik.

14 Betriebe in Thüringen wollen nun mit wissenschaftlicher Unterstützung testen, unter welchen Bedingungen künftig auf das Kupieren der Schwänze verzichtet werden kann. Das Pilotprojekt ist auf drei Jahre angelegt und sollte am Montag bei einer Fachtagung in Jena vorgestellt werden.

Ziel ist es, Bedingungen zu testen, wie das sogenannte Schwanzbeißen verhindert werden kann. »Es ist nicht so, dass zum Beispiel doppelt so viel Platz das Problem löst«, erklärte Simone Müller von der Landesanstalt für Landwirtschaft. Selbst in Freilandhaltung komme Schwanzbeißen vor.

In dem Projekt sollen daher verschiedene Maßnahmen untersucht werden, um dieses Fehlverhalten zu verringern. »Dazu gehört alles, was Stress und Frustrationen reduziert.« Als Beispiele nannte Müller ausreichend Platz in den Buchten, zusätzliche Tröge und Tränken bei Ferkeln, Schutz vor Hitze im Sommer sowie Beschäftigungsmöglichkeiten wie Baumwollseile, die die Tiere zum Kauen und Spielen anregen. »Manchmal ist es jedoch auch notwendig, den Beißer aus der Bucht zu nehmen, um wieder Ruhe in die Gruppe zu bringen.«

In anderen Bundesländern gibt es bereits Initiativen gegen das Abschneiden der Schwänze. In Nordrhein-Westfalen etwa haben Agrarministerium und Landwirtschaftsverbände eine Beratungsstelle eingerichtet, in Niedersachsen werden Bauern mit einer »Ringelschwanzprämie« gelockt.

Über eine solche Prämie hätten sich auch die Thüringer Schweinehalter gefreut, erklärt André Telle von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Thüringen (IGS). »Wir sind jedoch auch dankbar für die Förderung über das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum.« Das Pilotprojekt wird den Angaben zufolge mit 174 000 Euro vom Land gefördert, weitere rund 45 000 Euro steuern die Betriebe selbst bei.

In Thüringen wurden nach Zahlen des Landesamtes für Statistik zuletzt gut 802 000 Schweine gehalten. Laut IGS stehen die an dem Projekt beteiligten 14 Betriebe für etwa ein Fünftel des Bestandes. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -