Kaum einer schafft es raus aus Hartz IV
Nicht mal jedem Fünften gelingt der Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt
»Deutscher Arbeitsmarkt bleibt robust«, schrieben die Agenturen am Dienstag. Grund für die Jubelmeldungen waren die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) für den Monat Februar. Demnach sind die Arbeitslosenzahlen erneut gesunken. Doch nicht alle profitieren von dem Trend. Das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen hat sich die entsprechenden BA-Statistiken einmal genauer angesehen und festgestellt, dass nur eine kleine Minderheit von Hartz-IV-Beziehern dauerhaft auf dem ersten Arbeitsmarkt unterkommt. In einer am Dienstag veröffentlichten Studie heißt es: »In den vergangenen Jahren hat nicht einmal jeder fünfte SGB-II-Empfänger den Absprung in eine reguläre Beschäftigung geschafft. Vielmehr stagniert die Abgangsquote zwischen 16 Prozent und 20 Prozent.« Der erste oder reguläre Arbeitsmarkt umfasst alle Jobs, die ohne Zuschüsse vom Amt existenzsichernd sind.
Ein Blick auf die Langzeitdaten zeigt, dass sich die Situation eher verschlechtert: 2007 gelang noch 19,6 Prozent aller Abgänger ein solcher Wechsel, im letzten Jahr sank der Wert auf 17,2 Prozent.
Wenn nicht einmal jeder Fünfte, der das Hartz-IV-System offiziell verlässt, eine reguläre Arbeit gefunden hat, stellt sich die Frage, wohin der Rest verschwindet. Die meisten Hartz-IV-Bezieher, rund 44 Prozent, die aus der Statistik rausfallen, wechseln in die »Nicht-Erwerbslosigkeit«. Dazu zählen Langzeitarbeitslose, die in Rente gehen, oder die mindestens sechs Wochen arbeitsunfähig sind oder Elternzeit nehmen. Ein BA-Sprecher verwies gegenüber »nd« am Mittwoch darauf, dass der größte Teil der hier zusammengefassten Menschen wegen »Arbeitsunfähigkeit« aus der Statistik falle. Ob hier vor allem psychisch angeknackste Langzeitarbeitslose das Handtuch werfen, müsste wohl extra untersucht werden.
Als »Abgang« wird auch gezählt, wer eine Fortbildung macht oder eine Maßnahme durchläuft. Das IAG konstatiert: »Seit 2009 liegt hier die Abgangsquote bei mindestens 22 Prozent und damit durchgehend höher als die Abgangsquote in eine reguläre Beschäftigung.« Etwas mehr als zehn Prozent der Abgänge werden unter »Sonstiges« geführt. Als Abgangsgrund gilt »Beendigung der Hilfebedürftigkeit«. Hierzu zählen auch jene, die ganz aufgegeben haben.
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