Eine Illusion
Uwe Kalbe über panische, national begrenzte Flüchtlingspolitik
Man kann nicht sagen, dass Europa nicht folgerichtig agiere. Und trotzdem steuert es auf den Abgrund zu. Oder besser: deshalb. Denn die EU handelt fortwährend im Geist der gescheiterten Dublin-Regelungen, obwohl diese selbst ihren Geist längst aufgegeben haben. Während in Deutschland eilig an immer neuen Verschärfungen des Asylrechts gezimmert wird, versuchen die zehn Staaten der Balkan-Konferenz ihre Grenzen in einer konzertierten Aktion zu schließen und damit eine Zone gewaltsamer Befriedung zu schaffen. So groß ist der Unterschied nicht.
Das Heft des Handelns in die Hand nehmen, nennt die österreichische Innenministerin dieses Vorgehen. Auch militante Sprache bekämpft Flüchtlinge. Aber vor allem: Die EU geht fortwährend gegen Symptome des Problems vor. Ein Fluchtursachenbekämpfungsprogramm verlangte die LINKE im Bundestag. Zu Recht.
Die beteiligten Länder der Balkankonferenz stoßen erneut und sehenden Auges auch Griechenland ins Chaos, von dem wieder einmal in irrationaler Ignoranz der Realitäten verlangt wird, dass es »liefert«. Welches die verlangte Abwehr der Flüchtlinge an seinen Grenzen nicht erreichen kann, wenn es sie nicht umbringen will. Dass die Balkanstaaten an den deutschen Grenzen einen Moment lang für unwirkliche Ruhe gesorgt haben, weil die Flüchtlinge aus Österreich ausbleiben, wird die Illusion von der Verbannung des Problems nach draußen, vor die Außengrenzen der EU, womöglich um einen Moment verlängern. Eine Illusion bleibt es dennoch.
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