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Der 1. FC Union als Hauptstadtklub im geteilten Berlin

FCU-Gründungsmitglied Hans Modrow spricht über die Absichten von Staats- und Sportführung der DDR mit dem Köpenicker Fußballklub

  • Lesedauer: 3 Min.
Hans Modrow (88), letzter Ministerpräsident der DDR, war in den 60er Jahren 1. Sekretär der SED-Kreisleitung in Köpenick. In dieser Funktion bereitete er die Ausgliederung der Fußballabteilung aus dem TSC Berlin vor und war am 20. Januar 1966 Gründungsmitglied des 1. FC Union Berlin. Im Gespräch mit Alexander Ludewig erinnert sich Modrow an die politischen Absichten der Vereinsgründung.

Sie waren als 1. SED-Kreissekretär in Köpenick am 20. Januar 1966 Gründungsmitglied des 1. FC Union Berlin. Mit dem BFC Dynamo und Vorwärts Berlin gab es schon zwei Fußballklubs in der Hauptstadt. Warum musste ein Dritter her?
Wie bei allen Sport- und Fußballklubs damals war auch die Gründung des 1. FC Union ein politischer Vorgang. Da Dynamo der Verein von Polizei und dem Ministerium für Staatssicherheit war und Vorwärts zur Armeesportvereinigung gehörte, stand die Frage, wie die zivile Sportentwicklung in Berlin gefördert werden kann. Wir hatten schon damals begriffen, dass nur der Fußball mit seiner großen Anhängerschaft auch große Debatten ermöglicht. Und wir waren ja daran interessiert, Sport und Werktätige zusammenzubringen.

Hat es funktioniert?
Ja, wir erlebten sehr bald, wie hitzig die Montagsdebatten waren, wenn Union gespielt hatte.

Was waren die Montagsdebatten?
Das war das Frühstück mit den Brigaden in den Trägerbetrieben von Union, also im Kabelwerk Oberspree und im Transformatorenwerk. Was glauben Sie, wie dort diskutiert wurde, wenn Dynamo mal verloren hatte.

Sie haben die politische Absicht erwähnt. Gab es auch die Notwendigkeit, einen zivilen Klub zu gründen, weil viele der Fußballfans vielleicht nicht zu Dynamo oder Vorwärts gehen wollten? Und der 1. FC Union wurde ja auch recht schnell zum Sammelbecken für Unzufriedene.
Ja, das spielte auch mit rein. Deshalb wurde viel Wert darauf gelegt, dass die Leitung des Klubs in politischen Händen lag, sich dem entgegenzustellen. Und: Es war auch nicht möglich, Vorwärts und Dynamo die Rolle eines traditionsreichen hauptstädtischen Klubs zu verpassen. Insofern hatte die Gründung des 1. FC Union auch mit der Teilung der Stadt zu tun.

Wie meinen Sie das?
In Westberlin gab es Hertha BSC. Also musste es in Ostberlin auch einen Fußballklub geben, der der hauptstädtische ist. Im Blick und Verständnis von außen war das weder Dynamo noch Vorwärts. Der Fußballklub der Hauptstadt war der 1. FC Union Berlin, weil der Verein schon eine lange Tradition hatte und damit auch eine zivile Aussage für die Rolle der Hauptstadt der DDR war. Deshalb wurde auch bewusst dieser Vereinsname gewählt und auf den Namen eines Trägerbetriebes verzichtet.

Der 1. FC Union Berlin ist also auch ein Kind innerdeutscher Abgrenzung durch der DDR?
Ja, ganz konkret sogar. 1950 hatten einige von Union Oberschöneweide Abgewanderte in Westberlin ja den SC Union 06 gegründet. Wir in Ostberlin wollten mit der Gründung des Klubs auch deutlich machen, dass Union bei uns und eben nicht in Westberlin sitzt. Damit wurde auch die Alte Försterei als Politikum sehr wichtig.

Inwiefern?
Wir hatten viel Streit und Diskussionen, wie sich die Alte Försterei weiter entwickeln soll. Denn es war ja wirklich die Köpenicker Försterei. Der Förster für das Gebiet in Köpenick und Treptow, der saß ja wirklich auch an der Alten Försterei. Es war also keine Begrifflichkeit, die plötzlich vom Himmel fiel, sondern es war ein historisch gewachsenes Gefüge. Und da lag uns viel dran, daran anzuknüpfen und nicht im Gegensatz dazu zu stehen.

Der politische Plan hinter der Vereinsgründung ging in der DDR nicht so recht auf. Dafür ist der 1. FC Union heute der erfolgreichste aller ehemaligen DDR-Klubs und die Fans feiern die Alte Försterei.
Der Vereinsgründung lag eine Erwartungshaltung zugrunde, die nicht erfüllt wurde. Das war mitunter enttäuschend. Aber dieses Wechselspiel zwischen Sport und Politik gibt es ja heute auch noch. Wenn sich Angela Merkel bei großen Fußballspielen auf die Tribüne setzt, macht sie das nicht nur des Sports wegen, sondern um sich selbst populärer zu machen.

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