Zuckerberg entschuldigt sich in Indien

Äußerungen von Investor Marc Andreessen sorgen für wütende Reaktionen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
Kolonialismus-Äußerung von Facebook-Investor Andreessen wegen Verbot von »Free Basics« löste Sturm der Kritik aus.

Zumindest ist Mark Zuckerberg diplomatischer als sein wichtigster Investor Marc Andreessen. Der Facebook-Gründer und -Chef nannte Andreessens jüngste Äußerungen über Indien nämlich sehr »bestürzend« und betonte, sie entsprächen nicht den seinen Ansichten oder denen des sozialen Netzwerkes. Was veranlasste Zuckerberg zu dieser Klarstellung?

Am Montag untersagten die indischen Behörden es Telekom-Anbietern grundsätzlich, in Sachen Netzneutralität Ausnahmen für einzelne Services zu machen. Dieser Schritt bedeutet das faktische Aus des Facebook-Projekts »Free Basics«, mit dem Zuckerberg vorgibt, Milliarden Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern mit kostenlosem Internet versorgen zu wollen.

Andreessen kommentierte die Entscheidung mit einer schnell wieder gelöschten polemischen Stellungnahme auf dem Internetnachrichtendienst »Twitter«: »Anti-Kolonialismus war für das indische Volks über Jahrzehnte wirtschaftlich katastrophal.« Vor allem dieser Satz löste neben weiteren Vorwürfen an die indische Regierung einen Sturm der Kritik aus.

Der 44-jährige Andreessen gehört als Miterfinder des ersten Web-Browsers zur Elite des Silicon Valley . Als Mitgründer der Risikokapitalfirma Andreessen Horowitz investierte er frühzeitig unter anderem in Facebook und Twitter sowie in die Spielefirma Zynga oder die Schnäppchen-Website Groupon.

Dabei ist »Free Basics« wohl doch nicht so altruistisch, wie Facebook vorgibt. Stattdessen passt es gut in die Strategie des Unternehmens, den indischen Markt zu erschließen. Denn Zuckerberg will bis zum Jahr 2030 fünf Milliarden Nutzer für seine Plattform haben. Aktuell hat das Netzwerk rund 1,6 Milliarden Mitglieder.

Und in Indien sind derzeit noch eine Milliarde Menschen offline, weil sie entweder zu arm oder ihre Ort so entlegen sind, dass es dort keine Verbindung zur digitalen Welt gibt. Diesen Menschen sollte »Free Basics« einen Internetzugang ermöglichen und sie vor allem auf von Facebook ausgewählte Seiten lenken. Rund hundert Seiten waren damit kostenlos abrufbar - darunter die der britischen Rundfunkanstalt BBC, Wetterdienste und natürlich die soziale Plattform selbst. Doch selbst der Suchmaschinengigant Google waren nicht auf der Liste.

Vor allem Netzaktivisten und einheimische Internetunternehmen brachte die Initiative von Zuckerberg auf den Plan, weil sie eben keinen neutralen Zugang zum Internet ermöglichte. Besonders der Gründer des indischen Bezahldienstes »Paytm«, Vijay Shekhar Sharma, wehrte sich gegen die »Kolonisierung« des Internets. Der Onlinepionier verglich Facebook sodann auch gleich mit den ehemaligen britischen Kolonialherren des Subkontinents, die mit »ähnlichen angeblich noblen Absichten« gekommen seien. »Wir brauchen Geld, wir brauchen Investitionen, doch wir dürfen ihnen nicht erlauben, uns zu beherrschen«, so Sharma.

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