Proteste vor der Polizeikette

In vielen Städten gingen am Samstag linke Gruppen auf die Straße: gemeinsam gegen die Festung Europa

  • John Malamatinas und Sven Wegner
  • Lesedauer: 3 Min.

Pegida bleibt wohl ein sächsisches Problem. Das gleiche gilt allerdings nicht für die Grundrechte von Geflüchteten. Die europaweiten Aufmärsche der Pegida-Bewegung waren nur ein Anlass für den europaweiten Protest von Linken am Samstag. Dies zeigte vor allem das Fronttransparent der antifaschistischen Demonstration in Dresden - Aufschrift »Grenzenlose Solidarität-Aktionstag gegen die Festung Europa«.

Im Fokus des Aktionstages stand die Kritik an der Abschottungspolitik der EU-Länder und den weiteren Asylrechtsverschärfungen. Im Aufruf, der in zehn Sprachen veröffentlicht wurde, betonten sie, dass »globale Herrschafts- und Unterdrückungsformen ein Angriff auf uns alle sind und deshalb wir auch gemeinsam handeln müssen«.

Unter dem Hashtag »#6F Ceuta« haben sich Geflüchtete und Aktivistinnen mit Aktionen in Rabat, Ceuta (Spanische Enklave), Mellila, Strasbourg und Berlin an dem Aktionstag beteiligt. In Rabat demonstrierten 400 Menschen vor der spanischen Botschaft. In Berlin fand ein »sit-in« am Checkpoint-Charlie statt. Der Hintergrund sind die Ereignisse zwei Jahre zuvor. Damals wollten 500 Menschen den Grenzzaun zur spanischen Enklave Ceuta überqueren. Als Reaktion auf den Ansturm schoss die spanische Guardia Civil mit Gummigeschossen auf die im Wasser schwimmenden Menschen. Durch das eingesetzte Tränengas und die Gummigeschosse verloren mindestens 15 Menschen ihr Bewusstsein und ertranken nahe des Strandes von Tarajal.

Dass der Fokus auf die Grenzen gelegt werden soll, machten auch Aktivistinnen aus Thessaloniki in Nordgriechenland klar. Ein Bündnis linker und antirassistischer Gruppen organisierte eine Aktion des zivilen Ungehorsams gegen den Grenzzaun in Idomeni, der Grenze zu Mazedonien. Die »Koordination gegen die Zäune« mobilisierte bereits mehrmals gegen die Abschottung in Evros an der griechisch-türkischen Grenze. Wie auch bei den vorherigen Aktionen dort trafen die Aktivistinnen auf eine starke Polizeipräsenz. Eine Polizeiblockade etwa drei Kilometer vor der Grenze stoppte den Konvoi. Etwa 150 Aktivistinnen protestierten schließlich vor der Polizeikette und erreichten nie den Zaun.

»Die Behörden werden sich alle Mühe geben, dass wir an dem Tag nicht mit den Geflüchteten in Kontakt kommen« kommentierte Grigoris Tsilimantos, Sprecher der Koordination, schon vor der Aktion. Er kritisierte dabei auch die forcierte Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten, »eine Unterscheidung die auch die heutige Regierung akzeptiert hat mit dem Ergebnis, dass sie die Bewegungsfreiheit von Menschen begrenzt und sie in eine neue illegale Reise zwingt, um weiterzukommen.« Aktuell befinden sich über 5.000 Geflüchtete in der Grenzregion. Ein Großteil von ihnen ist in Reisebussen untergebracht an einer Tankstelle, streng bewacht von griechischen Polizeikräften. Kleinere Aktionen fanden auch in Komotini, Athen und Larisa statt.

Auch zahlreiche Gegenaktionen, die sich auf den Gegenprotest zu den, eher klein ausgefallenen Pegida-Aufmärschen konzentrierten, bezogen sich auf die geforderte Bewegungsfreiheit und richteten sich gegen die Abschottung. Auch in Kopenhagen, Prag, Warschau, Graz, Amsterdam und Montreal hielten die Demonstrantinnen »Refugees-Welcome«-Schilder hoch. Dieser Aktionstag kann als ein Vorgeschmack auf eine kommende Offensive verstanden werden: Aktuell werden europaweit in antirassistischen Netzwerken und linken Organisationen Aktionen an Grenzübergängen diskutiert.

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