Niedergerungen
Aus für Luckenwaldes Top-Ringer - Erfolgsverein zieht sich aus der Bundesliga zurück
Erst vor einigen Monaten war die Ringer-Hochburg Luckenwalde (Teltow-Fläming) in den Schlagzeilen - mit ihrem Protest gegen Bestrebungen im Internationalen Olympischen Komitee, ihre Sportart aus dem Olympischen Programm zu streichen. Immerhin eine Sportart, die seit der Antike olympisch war. Die weltweiten Proteste hatten Erfolg: Bis mindestens 2028 wird Ringen eine olympische Disziplin bleiben.
Dem 1. Luckenwalder SC, der als letzter Ost-Verein in der Bundesliga übrig geblieben war, nützt dies allerdings nichts mehr. Er zieht sich jetzt laut einer Erklärung seines Vorstands nach 25 Jahren aus dieser Liga zurück. Die Begründung von LSC-Trainer Johnny Levermann: »Wir kriegen keine Mannschaft mehr zusammen.«
Zwar soll vorerst das Leistungszentrum am Ort verbleiben, doch hat sich die wichtige lokale Sporttradition mit dieser gewichtigen Entscheidung praktisch erledigt. Brandenburgs Ringer-Präsident Danny Eichelbaum (CDU) sprach von einem Schock. »Die Mannschaft hatte in der vergangenen Saison in der 1. Bundesliga hervorragende Auftritte. Unbegreiflich, dass jetzt die deutschen Ringer in der Mannschaft davonlaufen.« Das Reglement lautet: Bei einem Kampfabend mit zehn Ringern müssen mindestens fünf Deutsche dabei sein. Das konnte nicht mehr gewährleistet werden, die guten Ringer haben sich lukrative Vereine im Westen gesucht.
Zu DDR-Zeiten war die SG Dynamo Luckenwalde mit 21 Titeln Rekordmeister. Der LSC trug olympischen Glanz in das kleine Städtchen im Süden von Berlin. Der Luckenwalder Klaus Pohl war nach dem Krieg der erste deutsche Europameister. Namen wie Roland Gehrke, der Welt- und Europameister war, oder Heiko Balz, Olympiazweiter von 1992, sind bis heute älteren Ostdeutschen ein Begriff. Noch 2006 wurde der Verein deutscher Meister, später dreimal Vizemeister.
Mit der DDR verschied auch die Struktur ihres Leistungssports - nur etwas langsamer. Sport-Hochburgen wie Frankfurt (Oder) und Cottbus spielen heute auf Bundesebene kaum eine Rolle. Potsdam hatte nach der Wende noch ein Bundesliga-Team im Turnen, die Erfolgsgeschichte ist schlicht an mangelnden Mitteln verhungert. Niemand war bereit, den einstigen ASK-Turnern halbwegs passable Bedingungen zu bieten. Die Trainer fanden später in Finnland beziehungsweise in der Schweiz Anstellung und Anerkennung. Die Turner des SC Cottbus kämpfen noch in der ersten Liga, für zwei Teams aus Brandenburg hatte das Geld nicht gereicht. Die Situation ist ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Lage: Im Osten gibt es kaum Sponsoren für den aufwendigen Leistungssport.
Der Luckenwalder Trainer Andreas Zabel hatte im Dezember seinen Abschied als Bundesliga-Trainer angekündigt. LSC-Präsident Buddeweg hat hat neben den Abgängen von Top-Athleten auch finanzielle Gründe für den Rückzug genannt. Bislang hatte der LSC in jeder Saison die erforderlichen 200 000 Euro zusammengestoppelt. Nun bleibt den LSC-Ringern nur der Auftritt in der Oberliga.
Dass die fehlenden Finanzen allerdings der Hauptgrund für den Rückzug der Luckenwalder Ringer seien, wird intern auch bestritten. Dem Vernehmen nach gibt es innerhalb des Vereins Spannungen, Sprachlosigkeit und Eigenmächtigkeiten. Verträge mit Ausländern seien verlängert worden, die »Eigengewächse« beklagten sich, dass mit ihnen niemand gesprochen habe und sie gezwungen gewesen seien, sich anderswo eine sportliche Heimat zu suchen.
Fakt ist aber: Gebrochen ist nun eine weitere Säule des Leistungssports in Brandenburg. Vor drei Jahren mussten die Handballerinnen des FHC Frankfurt (Oder) Insolvenz anmelden, sie bescheiden sich nun mit Auftritten in der 3. Liga. Wenige Tage vor Weihnachten gab der einstige Judo-Meister JC 90 Frankfurt (Oder) auf. Auch erst- und zweitklassiger Fußball sind im Bundesland längst Geschichte. Inzwischen sind fast nur noch Sportmannschaften aus Potsdam in den höchsten Ligen vertreten.
Vorerst verbleiben sollen in Luckenwalde die Bundesleistungsstützpunkte Ringen (Freistil) und in Frankfurt (Oder) (griechisch-römisch). Auch die Eliteschule in Luckenwalde ist vorerst von dieser Entscheidung nicht betroffen. mit dpa
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.