Brennglas des Populismus

Die Flüchtlingsrhetorik der CSU - ein Fallbeispiel

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist nicht Aufgabe eines Innenpolitikers, sich mit deutscher Kulturgeschichte auszukennen. Auch nicht, wenn er sich für patriotisch hält, wie sicherlich Hans-Peter Uhl von der CSU. Dennoch schreit dessen jüngste, im Phoenix-Talk »Unter den Linden« verbreitete Expertise zur »deutschen Romantik« nach einer Fußnote: Nicht etwa das Einlassen der Welt und das Übernehmen von Verantwortung für deren Elend ist eine im historischen Sinn »romantische« Haltung, sondern das Gegenteil: Wegschauen und Wegducken gegenüber den Weltläufen, eine selbstgenügsame und unpolitische Wendung nach innen.

Oder was meinte Uhl sonst mit dem auf die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel (CDU) gemünzten Satz, dass »immer dann, wenn die deutsche Romantik die Politik bestimmt«, dies »für Deutschland und Europa zum Problem« werde? Die historische Analogie, die man hier anklingen hören mag, wäre so abgrundtief, dass man sie nicht einmal dem Burschenschafter Uhl zutrauen mag.

Sein Auftritt ist beachtenswert, weil er die Grundlinien eben jener rechtspopulistischen Rhetorik, der er entgegenzuwirken vorgibt, wie in einem Brennglas konzentriert: »Die Zuwanderung ist für die deutsche Volkswirtschaft in den nächsten Jahren ein milliardenschweres Draufzahlgeschäft«, poltert Uhl. Und verwechselt, mit Absicht oder nicht, Volkswirtschaft mit Staatshaushalt. Tatsächlich fließen die Ausgaben in die Wirtschaft, die Unterkünfte und Lebensmittel verkauft. Es ist eine Finanzspritze. Wer hat auch nur einen Wirtschaftsvertreter darüber jammern hören?

Wo sich der Staat das Geld zurückholt, steht auf einem anderen Blatt - eins, das Uhl wohlweislich nicht anfasst. Die Wirtschaft jedenfalls hat Angst vor den »Binnengrenzkontrollen«, die Uhl fordert. Und nicht vor staatlichen Mehrausgaben.

Wo die CSU klagt, man wisse nicht, wer da komme, ist Uhl genau im Bilde: Wenige mit »echten Asylgründen« und viele »illegale Migranten«. Deswegen sei »Umdenken« nötig. Tatsächlich steckt ein großer und steigender Teil der Flüchtlinge etwa aus Syrien gerade nicht in »echten« Asylverfahren mit Aussicht auf »echtes« Bleiberecht, sondern erhält befristete, an den Krieg gebundene Aufenthaltserlaubnisse.

Das Signal dieses Auftritts des Justiziars der Bundestags-Unionsfraktion fasst die Phoenix-Pressestelle sehr treffend zusammen: Auch nach dem Asylpaket II geht die CSU »auf Distanz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel«. Die inhaltliche Nachricht wäre freilich gewesen: »Münchner Hardliner redet gefährlichen Unsinn, Moderation lässt ihn gewähren«.

Immerhin kann Uhl nun, wie dutzendfach zuvor, nicht mehr klagen, man dürfe das nicht mehr sagen. Sollte man zumindest meinen. Bis zum nächsten Mal!

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