Das zweite Leben des »DEFA 70«
Bürgschaftsbank hatte für 2015 ein leicht rückläufiges aber solides Geschäft zu verbuchen
Das legendäre Uraufführungskino »DEFA 70« in Potsdam hat ein zweitens Leben eingehaucht bekommen und ist in der Marktwirtschaft angekommen. Die Bürgschaftsbank des Landes Brandenburg wählte diesen historischen Ort und seinen Betreiber am Dienstag als Hintergrund für die Präsentation ihrer Jahresbilanz.
Der Tontechniker und Absolvent der Filmhochschule Holger Lehmann hatte mit dem einstigen Kino, das in den 1960er Jahren für die damals revolutionäre 70-mm-Technik errichtet worden war, eigene Pläne. Und Ende vergangenen Jahres war die materielle Basis für sein Unternehmen Rotor Film GmbH fertig. Dessen Möglichkeiten und Leistungen suchen ihresgleichen in Europa: Im Vorführraum des alten »DEFA 70« können aufgezeichnete Töne - Geräusche, Musik, auch Stimmen - je nach Wunsch im Vorführraum positioniert werden. Dank solcher dreidimensionalen Tonformaten hören Kinozuschauer genau, ob etwas von vorn nach hinten oder von links nach rechts fliegt. Dazu musste das Haus »komplett entkernt« werden, sagte er. Die einst gewölbte Leinwand wurde durch eine gerade ersetzt.
Gemeinsam mit seinem Partner Martin Frühmorgen war Lehmann Kunde bei der Brandenburgischen Bürgschaftsbank. Deren Geschäftsführer Milos Stefanovic musste bei der Vorstellung der Jahresbilanz im traditionellen Vorführraum einen leichten Rückgang bei Geschäftsvolumen und auch Klientenzahl einräumen. 288 neue Bürgschaften seien vereinbart worden, zusammen eine Summe von 71,3 Millionen Euro. Das seien zwar 1,7 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor, aber immer noch das verhältnismäßig beste Ergebnis unter den neuen Bundesländern, hob Stefanovic hervor.
Seine Bank gewährt den Hausbanken von Unternehmern eine Absicherung von 80 Prozent der Gesamtsumme und wird ihrerseits durch eine Bürgschaft des Landes und des Bundes in Höhe von 60 Prozent der Summe abgesichert. Dadurch soll es Geschäftsbanken leichter gemacht werden, eventuelle Risiken einzugehen und solchen Unternehmern Kredite zu gewähren, die dafür eigentlich nicht vorgesehen wären. Dafür berechnet die Bürgschaftsbank für sich einen Anteil von einem Prozent der Gesamtsumme. Egal, ob die Höhe der Kreditzinsen bei drei Prozent oder bei sieben Prozent liegt. Mehr als die Hälfte des Geschäfts der Landesbürgschaftsbank wird im Bereich Potsdam abgewickelt, Ostbrandenburg und die Lausitz verzeichnen deutlich geringere Werte. »Dort, wo etwas ist, dort kommt auch mehr hin«, so der Geschäftsführer.
Die schnellsten wachsende Kundengruppe der Bürgschaftsbank sind die Handwerker, wobei vor allem der Baubereich dafür gesorgt hat, dass der handwerkliche Anteil des Verbürgungsgeschäftes am Gesamtgeschäft von 16 auf gut 22 Prozent gestiegen ist. Der seit einem Jahrzehnt anhaltende wirtschaftliche Aufschwung verbunden mit dem niedrigen Zinsniveau fülle die Auftragbücher der Bauunternehmen, erklärte Stefanovic. Auf sie zugeschnitten hat die Bank einen »Handwerker-Sofortkredit« entwickelt und garantiert, dass binnen zehn Tagen klar ist, ob das Geld fließt oder eben nicht.
Erstmals konnten sich 2015 auch Banken von Agrarunternehmen um einen Absicherung ihres Kredits bewerben. Und zweifellos sorge die schwierige Lage auf dem Agrarsektor dafür, dass »wir genauer hinsehen müssen«, so Stefanovic. Das habe man »bei der Planung nicht so im Auge« gehabt. Das Russland-Embargo habe unter anderem dazu geführt, dass sechs Prozent der deutschen Schweinemäster aufgeben mussten. »Das Embargo gegen Russland wird hoffentlich nicht ewig dauern.«
Die anhaltende Konjunktur mache der Bank das Geschäft nicht eben leichter, sagte der Bankfachmann. Denn Unternehmen, die gut verdienen, benötigten keine Bürgschaft oder beeilten sich, aus Bürgschaftsverträgen wieder herauszukommen. Laut Stefanovic gelten 35 Prozent der Neuverträge Existenzgründern, worunter in Brandenburg immer mehr Betriebsübernehmer erfasst werden. »Sie haben einen Standort, Mitarbeiter, Kunden, aber eben auch einen Kaufpreis zu stemmen«, unterstrich er. In Potsdam sei es verhältnismäßig leicht, sein Grundstück als Sicherheit zu beleihen, das werde immer schwierige, je weiter man vom Berliner »Speckgürtel« entfern lebe.
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